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Acht Jungs, ein Mädchen. „Leider nur ein Mädchen“, sagt IM Bernd Vökler. Trotzdem freut sich der Bundesnachwuchstrainer auf ein leidenschaftlich für den DSB spielendes Team bei der Kadetten-WM, der Jugend-Weltmeisterschaft in der kasachischen Millionenstadt Almaty. Kasachstan grenzt im Norden an Russland und hat im Süden und Osten gemeinsame Grenzen mit Turkmenistan, Usbekistan, Kirgisistan und China. „Usbekistan“, so Vökler mit einem Lächeln, „das ist für eingefleischte Schachfans natürlich gerade der Hotspot schlechthin – aber das ist eine andere Geschichte.“ Die von GM Matthias Blübaum, der sich in Samarkand für das Kandidatenturnier zur WM qualifiziert hat. Die Talente starten am Freitag in ihre erste Runde.
Die Frauen-Bundesliga startet am kommenden Wochenende. Mit einem Großaufgebot an Top-Spielerinnen. Die OSG Baden-Baden hat das Verpassen des Titels im vergangenen Jahr offenbar so gewurmt, dass sie gleich mit vier Großmeisterinnen antritt. Auch der Schachklub Schwäbisch Hall, alles andere als zufrieden mit Rang drei in der letzten Saison (schlechteste Platzierung seit 2014) hat wieder ein Top-Ensemble beisammen - wenngleich man deutsche Spitzenspielerinnen hier vergeblich sucht. Es gibt erneut ein georgisches Spielerinnen-Gerüst. Und natürlich ist da auch noch der Titelverteidiger SC Bad Königshofen, immer für eine Überraschung gut. Aber im Schatten dieser prominent besetzten Teams ist diese neue Frauen-Bundesliga trotz des Abstieges des SZ Seeblick Dippoldiswalde mit Familie Peglau auch - eine Familie-Liga. Das Team Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Schach-Bundes hat sich drei familiäre Konstellationen genauer angesehen. Wir legen los mit einer Story über den Chemnitzer SC Aufbau 95. Der absolute Außenseiter. Nimmt man die besten acht gemeldeten Spielerinnen, ergibt sich ein Elo-Schnitt von 1958 – nominell letzter Platz. Zum Vergleich: Baden-Baden kommt auf 2449 Elo, Schwäbisch Hall auf 2408. Wie heißt es oft so schön phrasenhaft im Sport: Chemnitz hat keine Chance – und genau die wollen sie nutzen.
Es wirkte lange, als könne er das alles kaum fassen. „Ich bin sehr glücklich, muss aber erstmal realisieren, dass ich das geschafft habe“, teilte er dem DSB kurz nach seinem größten Erfolg mit. GM Matthias Blübaum fand sich plötzlich in einer völlig neuen Rolle wieder. Im Rampenlicht. Er musste Interviews und Autogramme geben, was bekanntlich so gar nicht zu seinen Lieblingsbeschäftigungen zählt. Dann ging es auch noch auf die Bühne, wo ihm FIDE-Präsident Arkady Dvorkovich seinen „Boarding Pass“ fürs Kandidatenturnier überreichte. Außerdem ist er um 75.000 Dollar reicher. „Ich bin sehr zufrieden mit dem Turnier“, sagte Blübaum dem DSB-Team Öffentlichkeitsarbeit: „Reicht das so?“ Damit hätte er es am liebsten abgetan. Aber natürlich ist da mehr. Doppel-Europameisterschaft hin oder her, was gibt es Größeres als von der Teilnahme an einer Schach-WM träumen zu dürfen? Er gehört nun zu den acht Großmeistern, die im kommenden Frühjahr um den Platz an jenem Brett kämpfen werden, an dem Ende 2026 GM Dommaraju Gukesh seinen Titel verteidigen will. „Einfach ein riesiger Erfolg. Ich habe das überhaupt nicht erwartet. Das Turnier verlief sehr gut und ich war auf einmal immer an der Spitze“, sagte er und atmete nach elf anstrengenden Runden in zwölf Tagen tief durch: „Zum Glück war es zum Schluss genug Remis zu spielen.“
Als der Bundestrainer ihm gratulierte, blieb sich der stets sachlich wirkende GM Matthias Blübaum selbst treu: „Jo, das war okay“, schrieb er zurück an GM Jan Gustafsson. Der hatte seinen Nationalmannschafts-Schützling zu einem Turnier beglückwünscht, das „ganz okay“ gewesen sei. Norddeutscher und ostwestfälischer Humor in Reinkultur, in der Stunde des großen Triumphes. Es war eine Sternstunde fürs deutsche Schach. Zum ersten Mal seit 34 Jahren (nach GM Robert Hübner1991) hat ein deutscher Großmeister wieder die Chance, sich für eine Schach-WM zu qualifizieren. Der Lemgoer schaffte es über das FIDE Grand Swiss in Samarkand, wo er 7,5 Punkte holte und danach sagte: „Ich hätte niemals erwartet, dass ich das schaffen kann. Umso schöner, dass es geklappt hat.“ Das sei auch „schön für die deutschen Fans“. Blübaum wird im kommenden Jahr (Zeit und Ort stehen noch nicht fest) gegen sieben weitere Großmeister antreten, um den Herausforderer von Weltmeister GM Dommaraju Gukesh zu ermittelt, der – ganz nebenbei – ein schwaches Turnier spielte und deutlich an Elopunkten (minus 14) verlor, während Blübaum (plus 22) kräftig zulegte. Da geriet selbst Jan Gustafsson, und das kommt wahrlich selten vor, ein wenig aus der Fassung: „Eine unglaubliche Sensation, eine unglaubliche Leistung von Matthias Blübaum. Eine absolut verrückte Leistung von Matthias.“ Und eine historische dazu.
„Es geht darum, Mädchen in den Schachpsort reinzuziehen“, sagt WFM Nadja Jussupow, „und sie dauerhaft zu halten.“ IM Bernd Vökler fügt hinzu: „Was braucht es, um junge Mädchen zum leistungsorientierten Training mit dem Ziel einer vergleichbaren internationalen Spielstärke, zu begleiten?“, fragt der Bundesnachwuchstrainer: „Genau, ein Konzept.“ Das Konzept, das Nadja Jussupow, Bernd Vökler und federführend Kevin Högy entwickelt haben, wurde bisher von GM Artur Jussupow und Nadja Jussupow betrieben, lief über ihre Schachschule – und geht nun offiziell an den Deutschen Schachbund. Jussupow, die DSB-Referentin für Frauenschach wird gemeinsam mit Bundesnachwuchstrainer Vökler mindestens ein, vielleicht sogar zwei oder drei Mädchen-Teams in der Altersklasse U12 für die Jugend-Mannschafts-Europameisterschaft im Juli 2026 in Tschechien ins Rennen schicken. Das Projekt startet im Oktober – und auch GM Elisabeth Pähtz ist mit dabei.
Eine Prognose vom Bundestrainer? Schwer. Er wolle „keinen Druck machen“ und „einen Hype vermeiden“, sagt GM Jan Gustafsson auf Nachfrage des DSB-Teams Öffentlichkeitsarbeit: „Gerne mehr nach der letzten Runde.“ Diese letzte Runde hat es in sich beim FIDE Grand Swiss in Samarkand. Zwei deutsche Topspieler haben noch die Chance, ein Ticket für das WM-Kandidatenturnier im Frühjahr nächsten Jahres zu ergattern: GM Vincent Keymer und GM Matthias Blübaum, die sich in der vorletzten Runde in einem sechsstündigen „Nervenkrimi“, wie IM Georgios Souleidis kommentierte mit einer Punkteteilung trennten. Keymer war sichtlich verärgert und enttäuscht, Blübaum entschuldigte sich bei seinem Nationalmannschaftskollegen mit teilweise drastischen Worten, sprach mehrfach von Glück: „Ich habe es vermassle, hätte eigentlich verlieren müssen. Es ist im Grunde lachhaft, dass ich hier ein Remis mitnehme.“ Erst patzte Blübaum, dann patzte Keymer – und Blübaum kämpfte. „Es ist eigentlich ein Wunder, dass ich so schlecht gespielt habe und einen halben Punkt mitnehme“, sagt er danach selbstkritisch.
Die froheste aller frohen Kunden vorneweg: Es geht wieder los! „Es kribbelt, ich bin schon ganz aufgeregt“, sagt Sandra Schmidt, die Turnierchefin. Seit heute, 19 Uhr, können sich die Freundinnen und Freunde der Deutschen Schach-Amateurmeisterschaft wieder für die kommende Turnierserie anmelden, die im November aus der Pause zurück kommt. „Chessemy – The Big Greek Academy“ wird bei der Turnierserie wieder als Hauptsponsor dabei sein. Und es gibt weiteren Support: „Die DSAM ist eine geniale Erfolgsgeschichte, die auf einzigartige Weise Schach als Sport und Kulturgut verbreitet“, sagt Thomas Weischede. Was liegt also näher, so der Vorsitzende der Emanuel Lasker Gesellschaft (ELG), als die Deutsche Schach-Amateurmeisterschaft zu unterstützen? Das wird in der kommenden Saison geschehen. „In ganz Europa gibt es keine vergleichbare Turnierserie für den Amateursport“, schwärmt Weischede: „Jedes Jahr ein neuer Teilnahmerekord. Jedes Jahr finden immer mehr Schachfreunde über die DSAM den Einstieg ins Turnier- und Vereinsschach. Jedes Jahr übertrifft sich das Organisationsteam rund um Sandra Schmidt aufs Neue mit einer perfekten Durchführung, die alles bietet, was das Amateur-Schachherz begehrt.“ Und da die Deutsche Schach-Amateurmeisterschaft für die Schachkultur hierzulande so wichtig ist und die Lasker-Gesellschaft die Schachkultur fördert, findet nun zusammen, was zusammengehört.
Faszination Fernschach. Es dauert Jahre, bis Titel vergeben werden. Geduld und Ausdauer sind gefragt. Einmal mehr auch jetzt. Nach fast drei Jahren Spielzeit ist das Finale der 33. Weltmeisterschaft beendet. Es war eine kuriose WM, was ein Fakt zeigt: Zehn Spieler teilen sich den ersten Platz und sind nun gemeinsame Weltmeister. Darunter der Deutsche Olaf Hesse. Diese Kuriosität hat den Hintergrund, dass drei Jahre eine lange Zeit sind – und viel passieren kann. In diesem Fall mit einem tragischen Background: ein Todesfall. Der mehrfache Fernschach-Weltmeister GM Aleksandr Surenovich Dronovist am 7. Dezember 2023 verstorben. Er starb während des laufenden Wettbewerbes, der im November 2022 begonnen hatte.Aufgrund seines Todes wurden die ausstehenden Partien des Turniers als kampflose Punkte an die verbliebenen Spieler vergeben – das sorgte für eine gewisse Verzerrung des Tableaus. "Das ist natürlich ein trauriger und unglücklichre Umstand", sagt Olaf Hesse aus dem sächsischen Freiberg dem DSB-Team Öffentlichkeitsarbeit, "und es fühlt sich auch seltsam an, dass man sich den Titel mit neun anderen teilen muss - aber ich habe mir meinen Traum erfüllt." Zur 33. Fernschach-WM möchte er im Selbstverlag auch ein Buch schreiben, so wie er es 2017 schon einmal getan hat.